Vor kurzem war ich auf einer Netzwerk Veranstaltung – ein Abend, den ich moderierte, größtenteils mir bekannte Menschen. Da ist mir wieder einmal etwas aufgefallen und diesmal so geballt, dass ich darüber schreiben möchte.

„Wie geht es Dir?“ – einer dieser Sätze, die sooo häufig und mal eben schnell nebenbei gesagt werden, quasi als direkter Nebensatz von „Grüß Dich.“ … in einem Atemzug.

Und ich finde es so schade, dass dieser Satz so oft zur völlig belanglosen Floskel verkommt, ohne echtes Interesse, dahingesagt. An diesem Abend ist mir das gleich in 2 verschiedenen Varianten aufgefallen ….hmm, nein, eigentlich nicht nur aufgefallen, sondern aufgestoßen.

  1. Ich komme gerade zur Tür des Veranstaltungsraumes herein, einige Gäste waren schon da. Ich bin noch im Mantel, verschaffe mir einen Überblick, stelle die Tasche ab und schwupps: Der erste fragt von links: „Wie geht es Dir?“ Ich war noch gar nicht richtig da! Ich hatte noch nicht meinen Mantel ausgezogen, mir einen Stuhl gesucht, alle mit kurzem Nicken begrüßt, ich registrierte so gerade mal eben, wer diese Frage überhaupt gestellt hat. Nein! Da kann und mag ich noch nicht sagen, wie es mir geht. Ich antwortete freundlich, aber ein wenig reserviert: „Gleich. Lass mich bitte erstmal ankommen!“
  2. Eine halbe Stunde später, wir saßen inzwischen alle, ich hatte begrüßt, das Essen war bestellt. Dann fragte mich meine Nachbarin, eine Frau, die schon öfter zu dieser Veranstaltung kam, erneut: „Wie geht es Dir?“ Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Im Augenblick nicht besonders gut, ich mag aber nicht drüber reden.“ …. Irritierter Blick, kurzes peinlich berührtes Schweigen, dann weiter im Smalltalk. Sehr ok für mich. Dann aber: Am Morgen nach der Veranstaltung eine Mail dieser Frau: Sie hätte das absolut nicht in Ordnung gefunden, wie ich geantwortet hätte. Sagen, dass es mir nicht gut geht und dann nicht drüber reden wolle, das ginge doch nicht. Das hätte ihr irgendwie den ganzen Abend verdorben.

Peng! Das tut mir natürlich leid, dass ich ihr den Abend verdorben habe. Und ich hab mir beim Frühstück heute länger Gedanken darüber gemacht. Mein Fazit:

  • Ich wünsche mir manchmal mehr Achtsamkeit. Ist mein Gegenüber schon wirklich da, bereit zum Gespräch oder noch nicht? Versuchen wir es. Immer wieder. Reden wir nicht einfach drauf los. Warten wir ab.
  • Lassen Sie uns doch diese „Wie geht es Dir?“ Frage nur dann stellen, wenn wir es wissen wollen. Wenn wir wirklich an einer ehrlichen Antwort interessiert sind. Sonst verkommt diese Frage zur puren Floskel, schon fast mit den drohenden Unterton: „Ich will nix anderes hören als: ‚Gut. Und selbst?'“
  • Lassen Sie uns fantasievoller sein bei unserer Begrüßung. Da gibts so viele Möglichkeiten. Warum reicht nicht erstmal: „Schönen guten Abend!“ oder „Schön, Sie wiederzusehen.“ Oder einfach freundlich grüßen, dann Klappe halten und erstmal gucken.
  • Wenn ich diese Frage gestellt bekomme, möchte ich ehrlich antworten dürfen und auch ehrlich sein dürfen damit, dass ich ansonsten nicht darüber reden möchte. Und das möchte ich tun, ohne jemandem damit den Abend zu verderben.

Ach ja … manchmal möchte ich so viel. :-) Und dann glaube ich: Nein, sie ist nicht zu anspruchsvoll, diese Denke!

Wie sehen Sie das?