Was sonst noch alles eine Rolle spielte, kann ich nicht hundertprozentig beurteilen. Einen Grund, warum ich vor ein paar Wochen einen Auftrag leider nicht bekommen habe, kenn ich jedoch ganz genau:

Sie wollten Work-Life-Balance an einem Tag! An EINEM Tag! Ja, schon, das Thema sei für ihre Mitarbeiter wirklich immens wichtig, sie stünden unter enormen Druck und auch in der MA Befragung würd das Thema immer ganz besonders schlecht abschneiden. Geld ist mit Sicherheit auch da … und viele Mitarbeiter, die es dringend nötig hätten. Aaaaber! „Wir machen immer nur 1 Tag dauernde Seminare, für mehr wirds bei deren Arbeitspensum zu schwierig.“

Da beisst sich doch die Katze in den Schwanz: Wegen Zeitdruck, Hetze und Megastress brauchen die Mitarbeiter dringend Work-Life-Balance Unterstützung – aus dem gleichen Grund können sie aber leider nicht diese Unterstützung in Anspruch nehmen. Hallo?

Hand mit Stoppuhr©pitopia/MAHLERfotografie

Nächstes Ding, das mir Bauchgrummeln bereitet: Das immer moderner werdende Speed – oder gar Highspeed Coaching. Coaching in 10 Minuten! Kommen Sie mal kurz auf die Bühne und nach 10 Minuten wissen Sie, wies geht.

In 10 Minuten kann ich, wenn es gut läuft, vielleicht einen wertvollen Impuls, einen Denkanstoß geben – ich kann aber in 10 Minuten nicht coachen. DAS GEHT NICHT! Es kann lediglich an der Oberfläche ein bisschen rumkratzen … wenn überhaupt.

Wir brauchen Zeit, um innerlich zur Ruhe zu kommen, um uns wirklich auf Veränderung einlassen zu können. Wir brauchen Zeit, um uns zurückzulehnen und einmal die Augen zu schließen, um in uns hineinblicken zu können. Wir brauchen Zeit, um nachzudenken. Wir brauchen Zeit, um hinzuspüren. Wir brauchen Zeit, um die Stille auszuhalten, aus der heraus dann plötzlich neue Erkenntnisse kommen. Wir brauchen Zeit, um genau hinzuhören, wenn sich unsere ganz leise innere Stimme endlich mal meldet. Wir brauchen Zeit, um neue Erkenntnisse im Coaching erstmal wirken, ankommen und uns bewegen zu lassen.

Wustrau Aug 07 028© Bettina Stackelberg

Ulf Posé hat in einer Stellungnahme in managerSeminare so schön formuliert: „Ein halbtägiges Überlebenstraining aber hat nun wirklich keinen Sinn, da kann man sich auch einfach in den Wald setzen und warten, bis man abgeholt wird.“

Wenn Sie sich die Zeit nicht nehmen wollen, dann stehen Sie wenigstens dazu! Dann sagen Sie klipp und klar: Ich hab keine Zeit für Coaching. Ich hab keine Zeit zum Nachdenken. Wie der Holzfäller, der mühsam mit völlig stumpfer Axt mehr an den Bäumen vorbeihackt, als wirklich effektiv Brennholz zu schlagen. Und warum? Weil er keine Zeit hat, seine Axt zu schleifen. Tja.

Wie resümiert Ulf Posé so schön:

Zeit mag ja bares Geld sein. Sich keine Zeit zu nehmen, kann aber auf lange Sicht noch deutlich teurer werden!